TT-TGW: Das ist nicht zu beschreiben, das ist (Er)Leben.
Dietmar Bierey beim Ironman Hawaii
Es ist der Mythos…es ist die Strecke…es ist die Stimmung: der Ironman
Hawaii, die Weltmeisterschaften der Triathlon-Langdistanz, das
„Original“…hat auch in diesem Jahr wieder Tausende Athleten in seinen
Bann gezogen und Zehntausende vor den Fernseher und den Live-Ticker.
Einer dieser Athleten, die sich in diesem Jahr über die 226 Kilometer
lange Strecke auf der Pazifik-Insel gekämpft haben, ist Dietmar „Didi“
Bierey vom Triathlon TEAM TG Witten. Und Didis längster Tag des Jahres
begann früh:
„Nach einer schlaflosen Nacht klingelte morgens um vier Uhr der Wecker
und läutete damit den Tag ein, auf den ich mich seit einem Jahr
vorbereitet hatte“ so berichtet Bierey mit einem Glänzen in den Augen.
„Der Ironman Hawaii ist für jeden Triathleten der Tag der Tage. Nach
einer Schale Müsli und zwei Scheiben Brot mit Nutella ging es um fünf
Uhr per Shuttle mit meiner besseren Hälfte Judith und unserem Lukas zum
Start, wo die zahlreichen Helfern bereits auf die Athleten zum
sogenannten Body Making (Startnummer auf den Arm malen etc.) warteten“,
grinst Bierey in Erinnerung an den angenehmen Trubel vor der
Wechselzone. Danach ging es gleich weiter zum letzten Radcheck und dem
ersten Blick auf den Pazifik: das Meer war ruhig, und Helm und
Startnummer waren dort, wo sie am Vorabend abgelegt worden waren.
Schnell noch Luft in die Reifen, Verpflegung und Getränke ans Rad, ein
Abschiedskuss und letzte ermunternde Worte und dann mit Schwimmbrille
und Badekappe zum Start.
1800 Athleten im Wasser und unzählige Fans, die das Ufer säumten und
schon am frühen Morgen feierten, zogen Bierey in ihren Bann und ließen
auch in dem warmen Pazifikwasser Gänsehaut aufkommen.
Um Punkt sieben Uhr fiel der Kanonenschuss, der das Startsignal war und
das Wasser zum Brodeln brachte. Bierey fand schnell seine Ideallinie,
und der eigentlich erklärte Nichtschwimmer kam gut durch das Wasser,
bevor es in die Wechselzone und zu seiner Paradedisziplin ging. „Während
ich mich abtrocknete und die Socken anzog, wurde ich zeitgleich von
Helfern dick mit Sonnencreme eingeschmiert, bevor es mit schnellen
Schritten zum Rad ging. Jetzt konnte ich zeigen, was ich drauf habe. Es
dauerte nicht lange, und ich hatte die ersten Konkurrenten eingeholt.
Auf dem lang einzusehenden Highway war eine unendlich lange Schlange von
Rädern vor mir, und ich holte mir einen nach den anderen“, so der
ehemalige Radweltmeister der Feuerwehren. „Der Wind wurde immer stärker,
und ich wartete auf den Rückenwind, den man mir versprochen hatte. Aber
was soll ich sagen: er kam nicht! Murphy’s Gesetz gilt auch auf Hawaii.“
In Gedanken daran, dass sich 1800 andere „Glückliche“ ebenfalls gerade
quälen müssen (oder möchten), und Zehntausende Athleten sehnsüchtig vor
dem Fernseher sitzen und am liebsten tauschen möchten, fährt Bierey
unvermindert auch die zweiten 90 Kilometer nach dem Wendepunkt sein
Tempo und ignoriert die ersten Ermüdungserscheinungen.
Nach 180 Kilometern unter der sengenden Sonne Hawaiis und zehn Litern
Flüssigkeitsaufnahme kommt Bierey das zweite Mal in die
Wechselzone…“nichtsahnend, was noch auf mich zukommt“. Die ersten
Kilometer Ruhe bewahren, nicht zu schnell laufen und jede
Verpflegungsstation mitnehmen. Es wird zunehmend heisser, und auf dem
schattenlosen Highway wird jede Verpflegungszone dankend angesteuert.
Für Bierey wird der Marathon zum Willenskampf „Wettkampftyp gegen
Couchpotatoe“. Hitze, Blasen und die zunehmende Erschöpfung hatten aber
keine Chance gegen die Aussicht, im Ziel von Sprecher Mike Reilly mit
den Worten “YOU ARE AN IRONMAN“ in Empfang genommen zu werden.
Und nach 10:46:33h ist es soweit: Didi Bierey genießt die letzten
hundert Meter, spürt keine Schmerzen mehr, hört auf zu laufen, geht und
genießt das Jubelmeer der Zuschauer. Und als ihm der traditionelle
Blumenschmuck, der Lei, überreicht wird, steht fest: Ich komme wieder!
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