Stories


Diese Seite wird auf privater Basis betrieben und ist nicht kommerziell.
Einnahmen werden ungekürzt gespendet an Sterntaler eV, Herdecke.



Bericht vom Köln-Marathon, 06.10.2002
© Dieter Veldscholten (PV Triathlon Witten)

Komm Alter, da geht noch was! - Bestzeit

Köln Marathon: Gänsehaut bei Samba, Wind und Kälte

...und das bei den Verhältnissen. Nein, es lief überhaupt nicht so, wie ich mir die Startvorbereitungen vorstellte. Das nasskalte Wetter, das so wichtige Buff im Auto vergessen, den Kleiderbeutel auf den letzten Drücker in den LKW geworfen, viel zu spät eingecheckt, 4:20 min nach dem ersten Kilometer – sollte heute eine Welt für mich zusammenbrechen?
 

Es sollte anders kommen – ab dem Agrippina-Ufer konnte ich endlich frei laufen, und es ging flott zur Sache. Ohne dass ich es wollte, hatte ich bei km 10 bereits eine Minute herausgelaufen. Stimmten die Kilometerangaben nicht oder war es der Lauf gegen die Kälte? Und es ging so weiter. Ich fühlte mich gut, keineswegs zu schnell. Der Sambarhythmus dröhnte uns vom Rudolphplatz entgegen – Gänsehaut beim Passieren der Halbmarathonmarke – 1:26:09 min – nach wie vor 1 Minute im Plus. Auf dem Ring standen die Massen so eng, dass man kaum noch überholen konnte. Ein Mordsgetöse – das war Gänsehaut pur. 

 
Vorbei am Mediapark passierten wir die Kilometer 27 und 28 – die Reihen lichteten sich, es wurde ruhiger. Wahrlich kein Wetter, um sich einen Marathon anzusehen. Da kann das Kölsch nicht wirklich schmecken. Der teils böige Wind nervte zunehmend. Darunter sollte nun das gesamte Feld leiden, denn in den Straßen zwischen den Kilometern 30 und 35, wo die Bürgersteige häufig nur spärlich besetzt waren, verloren viele Marathonis wertvolle Sekunden und Minuten. Auch ich ließ mich durch „die Ruhe“ wahrscheinlich anstecken und merkte das erst viel zu spät. 
 
Ein letztes Mal Richtung City. Vor dem Rudolphplatz wurde es wieder lauter. Konzentriert laufen und Zeiten nachrechnen – eine schwierige Sache. Das gibt es doch nicht – noch mal nachgerechnet – es stimmt, ich lag nicht mehr im 4:10er Schnitt, ja, ich hatte sogar mehr als eine Minute verloren. Das hieß für mich, die geplanten 2:55 std. rückten in weite Ferne, sollte sich die Situation nicht noch einmal gehörig ändern. 

 
Den „Mann mit dem Hammer“ traf ich nicht, hatte vor dem Start gut gegessen und viel getrunken, doch Muskulatur und Gelenke schmerzten jetzt bei jedem Schritt. Ich hatte keine Wahl, musste noch einmal anziehen, wollte ich mir eine kleine Chance wahren. Bei Kilometer 38 erkannte ich den entsetzten Blick eines Freundes, der wohl beim Anblick meines schmerzverzerrten Gesichtsausdrucks  spontan mitleiden musste. „Halt´ das Tempo, dann reicht es“, schrie er mir zu. Was tu ich mir da an, warum macht man so was. Egal weiter, weiter, etwas geht noch... 

 
Den Lauf durch die Menschenmassen konnte ich im Finale leider nicht genießen. Endlos weit schien das Ziel. Kilometer 41, die Zeit rennt davon, komm Alter, zieh noch mal! Vor mir der letzte Inliner, zack, vorbei – vielleicht noch 300, 400 Meter – ich lief was das Zeug hergab. Die Ziellinie, die Uhr gedrückt, ein banger Blick – nein – eine für mich fantastische Zeit – 2:55:05 std. – aber diese 6 Sekunden, ich könnte mich in den A.... 

 
Die Trauer nach dem Zieldurchlauf wich schnell dem Stolz über die neue Bestmarke, die ich um zweieinhalb Minuten verbessert hatte. Bei all dem Gerangel um Bestzeiten lief ich heute mit 11 weiteren männlichen und weiblichen Marathonis aus unserem Verein für einen guten Zweck. Bei der Aktion „Fersengeld“ rannten wir für das Institut für Musiktherapie der Universität Witten/Herdecke ... und das bei den Verhältnissen.

© Dieter Veldscholten 2002

Köln-Marathon 
PV Triathlon Witten
 
Fotos vom Köln-Marathon 
Wittener beim Köln-Marathon



(Foto: Udo Leopold)

 


mit Buff: Dieter bei km 35
(Foto: mittelstaedt.de)


oben  mehr stories