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von Hans Bothen
Thorsten Puderbach aus Witten finisht beim 30.
Ötztaler-Radmarathon
Eine starke Familie, Trainingswille und eine gewisse
Grundhärte waren gute Voraussetzungen für seinen Erfolg.

21 (!) Wochen vor der Veranstaltung rief mich Thorsten
an, um mir zu sagen, dass er einen Startplatz beim „Ötzi“ gewonnen hat. Ob
ich ihn bis dahin fit machen könnte, hat er dann noch gefragt.
„Der spinnt“ war mein erster Gedanke. Schnell habe ich jedoch verstanden,
dass es ihm sehr ernst war mit diesem Vorhaben. Wir haben uns dann zu einem
Athletengespräch getroffen und die Eckpunkte festgelegt. Es würde für ihn und
seine Familie eine harte Zeit werden, und 21 Wochen sind nicht wirklich lang
für einen Radmarathon dieser Kategorie. Er gilt als einer der härtesten in
der Welt. Trainingsumfänge von bis zu 18 Stunden in der Woche und arbeiten
muss Thorsten auch noch. 238km mit ca. 5500 Höhen-metern! Das nenne ich mal
eine Herausforderung.
Ich
habe dann einen Termin bei meiner Freundin und Landestrainerin des NRW-LV,
Grit Weinert, zur Leistungsdiagnostik vereinbart. Nach diesem Test war die
erste Begeisterung „leicht“ verflogen. Sicher war von diesem Augenblick an
nur eines: "Sorry Thorsten, aber ich werde Dich quälen müssen!"
Die von mir ausgearbeiteten Trainingspläne, individuell abgestimmt auf
Thorstens Ziele und sein damaliges Leistungsvermögen, und sein unglaublicher
Trainingswille haben dann das ihrige dazu beigetragen, dass Thorsten
„explodiert“ ist. In nur neun Wochen hat er einen derartigen Leistungssprung
gemacht, wie ich ihn nur selten bei einem Athleten erlebt habe. Die
Grundlagen waren nun da, und es fehlte nur noch die Kraft/Kraftausdauer, die
ihn über die Berge tragen sollte.
Ein schon lange geplanter Familienurlaub in den USA machte die
Trainingsgestaltung nicht einfach. Thorsten mit seiner eisernen
Trainingsdisziplin hat mich aber auch hier überzeugt und begeistert. Gestärkt
ist er aus den Staaten zurückgekehrt, und es galt, die Form noch minimal zu
steigern und dann bis zum 29.08.2010 zu konservieren.
Dann, zwei Wochen vor dem Event, macht der Kopf nicht mehr mit. Thorsten
zweifelt an sich und hat es wohl auch mit dem Training ein wenig übertrieben.
Wie oft habe ich ihm gepredigt, dass der Körper seine Ruhe benötigt, um das
Erlernte zu verinnerlichen und es reifen zu lassen. Na ja, bremsen sie mal
einen bis in die Haarspitzen motivierten Sportler.
Ich habe dann mit ihm am letzten WE eine Trainingsfahrt unternommen und mich
von ihm „derbe abziehen und versägen“ lassen (ich musste allerdings nicht
viel schauspielern, denn Thorsten war wirklich gut drauf). Danach kam dann
von seiner Frau Heike (meiner heimlichen Informantin/ich danke Dir) eine
gewisse Entwarnung. Nicht ohne Stolz hat Thorsten berichtet, wie gut er doch,
im Gegensatz zu mir, die Berge bezwungen habe. Er fühlte sich eindeutig
besser. Geht doch!
Einige
ruhige Tage noch bis dem Wochenende und dann rein ins Auto und ab nach
Sölden. Um 06.45 Uhr ist der Start in Sölden geplant. Das Wetter ist nicht
wirklich toll (4° die Schneefallgrenze bei 2000m) und Thorsten ist nach
Aussage der mitgereisten Frauen (seine Frau Heike und meine Frau Kerstin)
mächtig angespannt. Ständiges kontrollieren der Ausrüstung zeigt seine
Nervosität. Und dann geht es endlich los. Jetzt muss er es ganz allein
schaffen!
Um 09.17 Uhr die erste SMS. Thorsten ist nach 2.21h im Kühtai beim ersten
Kontrollpunkt angekommen. Alles läuft super.
12.00 Uhr Die zweite SMS. Thorsten ist nach ca. 5h auf dem Brenner. Ich
bekomme Gänsehaut und freue mich für ihn. 127km und ca. 2000Hm sind
absolviert.
Um 14.22 Uhr Neuigkeiten von Thorsten. Der Jaufenpass ist geschafft und somit
161km und weitere 1200Hm bewältigt. Das Wetter bessert sich. Er wird es
schaffen!
18.00 Uhr! Ich mache mir ernsthaft Sorgen. Um diese Zeit MUSS der
Kontrollpunkt >Schönau< auf halber Strecke zum Timmelsjoch passiert sein. Die
erlösende SMS bleibt jedoch aus. Was ist nur schief gegangen?
Um
18.12 Uhr haut es mich fast um. Thorsten ist schon oben auf dem Timmelsjoch!
48km und nochmals ca. 1800 Hm hat er bewältigt. Was jetzt kommt ist für die
Galerie. Er wird es auf jeden Fall innerhalb der Zeitgrenzen ins Ziel
schaffen.
50 Minuten später ist er im Ziel. Nach 12.05h hat Thorsten diese
Herausforderung gemeistert. Es gibt viele, die schneller im Ziel waren, aber
auch ungezählte, die nach ihm kommen werden, und nicht zu vergessen jene, die
es nicht innerhalb der vorgegebenen Zeitfenster geschafft haben und somit
disqualifiziert wurden. Jene, die das Ziel vor ihm erreicht haben, hatten
sicherlich eine lange Vorbereitungs-phase und nicht nur 21 Wochen. Einfach
unglaublich, was Thorsten da geschafft hat! Ich als sein Freund und Trainer
freue mich sehr und bin unsagbar stolz auf Thorsten. Er hat gezeigt, was
möglich ist, wenn man wirklich trainiert und bereit ist, sich zu quälen. Ich
bedanke mich für diesen Trainingswillen und die Ausdauer, die Thorsten
gezeigt hat. Danke auch an Heike und Laura (seine Frau und seine Tochter),
dass sie ihm dieses Training und den daraus resultierenden Erfolg ermöglicht
haben.
Hans Bothen
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