the womble ist schon ein
Prominenter unter den
Teilnehmern
(Foto BBC 2000)
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hier
posiert er für meine Kamera
(vor dem Start)
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und dieser ist auch nicht schlecht,
keine Ahnung, was der Farbpinsel aussagen soll
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Dann
ist es nochmal Zeit für die nicht zu lange Schlange am Kirmesklo und
den Weg zum Gepäckwagen. 20min vor dem Start kommen wir problemlos ohne
großes Gedränge in den Startblock 3. Dort wird der Einlaß streng
kontrolliert. Vor uns wird ein Mogler regelrecht eingefangen und
hinauskomplimentiert. Weiter vorne allerdings wird niemand aufgehalten,
der links oder rechts über den Zaun hineinklettert. Erstaunlich, was
die Wartenden so alles im Handgepäck dabei haben. Handys sind beinahe
selbstverständlich, Fotoapparate nicht selten, und hinter uns filmt
jemand mit seiner Videokamera (im 3:30-Block, und das laufen die Leute
auch!).
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stressfrei: die Kleiderbeutel-Abgabe
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so ging's los am blauen Start (Foto: BBC)
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Schon
einige Minuten vor dem Startschuß werden die Blocks nach vorne hin
zusammengeschoben. Wir rücken so der Startlinie immer näher. Und
richtig, das klappt perfekt. Nur etwas über 2 Minuten nach dem
Startschuß sind wir an der Linie, und danach können wir
erstaunlicherweise unser Tempo sofort laufen. Im Vorjahr am blauen Start
brauchte ich rund 5 Minuten aus dem gleichen Startblock.
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Von
Beginn an ist die Stimmung unter Läufern und Zuschauern hervorragend.
Zu Anfang sind die Reihen links und rechts noch dünn besetzt, doch spätestens
wenn die ersten Pubs mit Live-Musik zu hören sind, haben wir eine
richtig große Kulisse. Irgendwann werde ich übermütig und beginne,
Kinderhände abzuklatschen, bis mir die Vernunft sagt, dass ich meine Kräfte
besser sparen sollte. Dann ein Zwischenfall an einer Getränkestation.
Mit meinem unorthodoxen Arm-Laufstil schlage ich einer Läuferin die
eben ergatterte Liquid Power Packung aus der Hand. Klatsch, liegt sie
auf der Straße (die Packung, nicht die Läuferin). Zum Glück habe ich
meine eigene Portion gerettet und kann sie der verdutzten Frau in die
Hand drücken. An den vorbildlich langen Getränkeständen bleibt dann
immer noch Zeit, sich neu zu versorgen. Unangenehm ist nur, dass hinter
den Liquid Power Stationen stets die ganze Straße klebt. Ansonsten geht
es an den Stationen ausgesprochen rücksichtsvoll zu (abgesehen von
rudernden Teilnehmern aus D). Und die Helfer haben immer Zeit für eine
kleine Aufmunterung.
Irgendwo
zwischen Greenwich und Tower Bridge verabschiedet sich Ingo zu einer
Pinkelpause und ward nicht mehr gesehen. Komisch, die Annäherung an die
Tower Bridge hatte ich aus dem Vorjahr ganz anders in Erinnerung. An
einer Kreuzung sehe ich das Schild „Tower Bridge Street“, und schon
läuft mir ein Schauer den Rücken hinunter. Wir biegen rechts ab und
haben sie vor uns. Ich nehme noch etwas Tempo raus, um den Augenblick zu
genießen. Links und rechts Massen von Zuschauern. Erstmals reagiert
jemand auf mein Namensschild und feuert mich an. Ein dankbares Lächeln
und ein Winken gehen hin und her. Diese Meile wird eine Minute langsamer
als die vorher und nachher, aber was soll’s. Das Erlebnis ist es wert.
Eitel achte ich auch darauf, gut aufs Foto zu kommen, das hier von der
Agentur gemacht wird (hoffentlich hat’s geklappt).
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Dann kommt die Phase, in der man die entgegenkommenden Profis sieht. Für
die ersten bin ich aber nicht schnell genug, sie sind schon durch. Für
uns ist hier Halbzeit, die auf der anderen Seite haben schon 35km hinter
sich. Wir biegen auf die Isle of Dogs ein. Ich habe mein erstes
Schmerzerlebnis. Nicht ganz unbekannte Beschwerden am linken Hüftgelenk
machen sich breit. Das kommt von der Bandscheibe. Ich versuche meine
Haltung zu korrigieren. Mit Erfolg, nach ein paar Minuten gibt sich das
Problem wieder. Ausgangs der Docklands wird einem dann langsam klar, dass
man noch ein ordentliches Stück Arbeit vor sich hat. Neue Schmerzen am
Knie-Außenband (oder ist es der Meniskus?) machen mir Sorgen,
verschwinden aber auch nach einigen Minuten wieder.
Jetzt
selbst bei km 35 angekommen, sehen wir viele Leidende auf der anderen
Seite, die wenigsten können überhaupt noch laufen. Auf dem kurzen Stück
begegnet mir ein Wikingerschiff, ein Minicar und ein „ladder-man“, der
wahrhaftig eine riesige Alu-Leiter mit sich herumschleppt.

alle Fotos: BBC
Jetzt geht es durch schmale Gassen in den St.-Katherine’s Docks. Hier
ist die erste von zwei Kopfsteinpflaster- Passagen, die zweite kommt kurz
danach am Tower. Ich muß mich konzentrieren, um nicht über die eigenen
Beine zu fallen. Am Tower liegt ein Teppich aus, der nicht viel hilft.
Hier ist auch die zweite Massage-Station, die viele Kunden hat. Auch meine
Oberschenkel zeigen wenig Verständnis für diese Wettkampfphase, doch
noch gehorchen sie, wenn auch mittlerweile mit etwas Verzögerung.
Es
geht in den Straßentunnel Blackfriars hinab. Viele haben offenbar auf den
Moment ohne Zuschauer gewartet. Manche fallen in sich zusammen, bleiben
stehen oder gehen nur noch. Andere erleichtern sich an der Spuntwand. Mir
liegen die Getränke mittlerweile wie ein Stein im Bauch, doch ich bin mir
sicher, dass da kein Tropfen käme. Ich trinke jetzt weniger, denn ich
krieg das Vittel-Wasser einfach nicht mehr runter. Dann tauchen wir wieder
auf und finden uns an der dichtbesetzten Themse-Uferstraße wieder. Für
mich die härteste Phase. Immer wieder werde ich jetzt angefeuert (Uli auf
englisch kommt meistens als „Juli“ rüber). Ich habe aber keine Kraft
mehr, den Kopf hochzunehmen und hebe allenfalls müde die Hand.
Mittlerweile habe ich den Tunnelblick aufgesetzt, der Puls schwindet dahin,
und ich halluziniere von der Ziellinie. Das letzte Stück muss wirklich
sehr schön sein, mit Big Ben, Parlament, Westminster Abbey, Birdcage
Walk, Buckingham Palace, Victoria Brunnen. Ich konnte das alles nicht mehr
wahrnehmen und bin doch irgendwie angekommen.
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Hinter
der Ziellinie schwanke ich etwas, halte mich aber auf den Beinen. Zum Glück
ist mein Gepäckwagen der allererste in der langen Reihe. Ein paar Meter
weiter sinke ich in den Staub des Fußweges und stehe erstmal lange nicht
mehr auf. Bis mir dann klar wird, dass ich bei diesem schönen
Sonnenwetter nebenan im St.-James-Park besser aufgehoben bin. Dort döse
ich auf englischem Rasen noch lange vor mich hin, bis es langsam kalt wird
und die Lebensgeister mich in das vorher schon ausgeguckte Pub treiben.
Doch auch dort bin ich glücklich, aber zu erschöpft, um mein Pint Bitter
zu genießen.
Keinerlei
Zweifel plagen mich: Im nächsten Jahr wieder!

seltener Anblick: Whitehall autofrei
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