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Segel-Post Archiv
Segel-Post 03
von
Stefan Vorberg
Pas de deux: Schrittweise segeln zu zweit - Gaby und Stefan auf den
Meeren der Welt in ihrem so benannten Boot
23.08.11
Ein Hash in der Karibik
Wir sind zur Zeit auf Grenada, nachdem wir uns monatelang in den kleinen
Antillen herumgetrieben und jede einsame Bucht und kilometerlange Sandstrände
erkundet haben. Doch die Hurrikansaison zwingt uns, unser Nomadenleben zu
unterbrechen und uns hier im Bereich des 12. Breitengrades aufzuhalten, wo
die Gefahr nicht ganz so hoch sein soll.
Das führt natürlich zwangsläufig dazu, dass hier ein Sammelbecken für alle
Rumtreiber ist und die sozialen Kontakte zahlreicher sind als auf nicht so
stark frequentierten Karibikinseln. Ich habe mich hier einer
Triathlontrainingsgruppe angeschlossen, wo ich deren Lauftraining mitmache
und natürlich erst mal feststellen musste, dass 5kg Übergewicht ein ganz
schönes Paket ist, was auch noch mit Sauerstoff versorgt werden will.
Letzten Samstag haben wir an einem Hash teilgenommen, eine Erfindung
Britischer Offiziere, die etwas gegen ihren Kater nach zuviel Alkoholgenuss
unternehmen wollten und eine Schnitzeljagd veranstalteten, danach aber wieder
soviel Durst hatten, dass sie wieder zuviel trinken mussten. Motto ist "for
drinker with a runningproblem, it starts at a Rumbar and it ends at a Rumbar".
Die reinen Laufpuristen mögen jetzt vielleicht die Nase rümpfen, doch die
soziale Komponente ist extrem hoch, und es nehmen hier alle Alters- und
Leistungsgruppen teil. Man kann wandern oder laufen, und wer mit seiner
Familie teilnimmt, kann sich vorne bei den Bolzern austoben und dann in Ruhe
auf seine Frau warten, die natürlich auch ihr Erfolgserlebnis auf der Strecke
hat, da es meistens durch unwegsames Gelände geht und zu großartigen
Aussichtspunkten, die kein Normaltourist finden würde.
Hinterher gibt es immer preiswertes karibisches Essen und Trinken und vor
allem gute Musik, so dass meistens auch noch auf der Straße getanzt wird, was
hier in der Karibik wirklich sehenswert ist, da die Leute mehr Rhythmus im
kleinen Finger haben als wir im ganzen Körper.
Nachdem ich mir beim ersten mal den Fuß verdreht hatte und erst einmal
pausieren musste, bin ich dieses Wochenende mal wieder gelaufen. Die Strecke
ging erst mal 2 km bergauf und dann bog sie ab auf einen Indianerpfad (für
Insider: ähnlich wie beim damaligen Härdtlerlauf in Schmallenberg, nur etwa
zehnmal so lang). Aber damit nicht genug: es ging noch ein gewaltiger
Regenschauer nieder und verwandelte die Strecke in eine Schlammpiste erster
Güte.
Ich hatte mich erst mal zurückgehalten, konnte mich dann aber aufgrund meiner
Crosserfahrung nach vorne arbeiten und fand mich auf einmal an erster Stelle
wieder mit dem Nachteil, dass ich nun verstärkt auf den Streckenverlauf
achten musste, der mit Papierschnitzeln markiert ist. Wenn man den richtigen
Weg oder sagen wir mal Pfad verpasst, muss man zurück und ruft laut "where
are you" und diejenigen, die auf dem richtigen Trail sind, antworten mit "on,
on", so dass man sich etwas orientieren kann.
Ich vergaß zu erwähnen, dass wir uns mittlerweile mitten im Regenwald
befanden, über umgestürzte Bäume kletterten und uns ständig in Lianen
verfingen, aber es sollte noch schlimmer kommen.
Wir erreichten eine Lichtung, die mit Bananenstauden bepflanzt wurde und
natürlich völlig verschlammt war. Es ging in eine tiefe Schlucht und auf der
anderen Seite wieder hoch, wo es wirklich nur unter Zuhilfenahme aller Viere
möglich war, hoch zu kommen.
Mittlerweile hatte die Meute Jagd auf mich aufgenommen und wollte nicht von
irgend so einem hergelaufenen Segler angeführt werden. Mein Ehrgeiz war aber
jetzt angestachelt und kampflos wollte ich auch nicht abtreten. Doch es kam,
wie es kommen musste: ich verpasste den Weg, musste wieder ein Stück zurück
und sechs Läufer waren vorbeigezogen. Einen konnte ich wieder einfangen. Er
hatte seine Sohle vom Schuh verloren (die Bekleidung war schon teilweise
recht abenteuerlich).
Dann ging es ein langes Stück auf einem einigermaßen befestigten Stück
bergab, und ich hörte schon die Musik vom Ziel und dachte so bei mir, gleich
hat die Schinderei ein Ende, da wurden wir noch einmal in eine Schlucht
runtergeschickt und auf der anderen Seite wieder steil hoch, dagegen ist die
Hegestraße* in Volmarstein eine flache Ebene.
Jetzt
konnte ich absolut nicht mehr zulegen und musste noch einen Läufer ziehen
lassen, der blutüberströmt an mir vorbeizog. Er hatte sich im Wald an einem
Dorn die Stirn aufgeschlitzt, wie er mir hinterher erzählte.
Ins Ziel konnte ich mich als sechster retten. Das interessierte aber so
richtig keinen, da es gar keine Zeitnahme gibt bei einem Hash. Die Party war
schon zugange, es war ein sehr guter Dj da, und auch die Leute aus der
Umgebung ließen sich den Spaß nicht entgehen. Man muss hinzufügen, dass
manchmal die Kneipen dafür extra aus Bambusrohr zusammengebaut werden und
immer den Einheimischen die Möglichkeit gegeben wird, etwas zu verdienen, was
eine zusätzliche soziale Komponente ist.
Ich jedenfalls genoß mein wohlverdientes Bier und nahm meine ebenfalls heil
ins Ziel gekommene Gaby in Empfang.
23.08.2011
Stefan Vorberg
Segel-Post Archiv
* Die
Hegestraße in Wetter-Volmarstein gilt als steilste bebaute Straße
Deutschlands außerhalb des Alpenlands. Sie bietet unterhaltsame 25% Steigung.
Ein Tipp für die nächste Radtour!
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